Bürgerinitiative, Bürgerbegehren, Bürgerentscheid, Verwaltungsgerichtsklage… bei fast allen größeren Bauvorhaben und Infrastrukturprojekten wehren sich die Bürger. Werden dabei nur gesetzlich verankerte Grundrechte ausgenutzt? Woraus resultiert die inflationäre Zunahme dieser Instrumente?
Jeder Bürger darf eine Meinung haben und diese mit Gleichgesinnten teilen. Nun gibt es heute ein gesellschaftliches Umfeld, in dem auch Einzelmeinungen und Partikularinteressen mit Hilfe der digitalen Medien und einer um Auflage ringenden Tagespresse schnell hohe Aufmerksamkeit erreichen können. Naturgemäß sind es vor allem Veränderungen, die ängstigen und Widerstand hervorrufen. Mischt man diese Ängste noch mit Misstrauen gegenüber Politik und Verwaltung und fügt noch ein paar Verschwörungstheorien über vermeintliche Profiteure hinzu, so kann man schnell ordentlich Stimmung machen und sich profilieren. Dabei wird nur gern übersehen, dass Veränderungen in einer wachsenden Stadt unvermeidlich, ja unbedingt erforderlich sind und das Gemeinwohl, dem einen oder anderen auch mal zu Zugeständnis abfordern muss.
Auf der anderen Seite haben wir einen Stadtrat mit gewählten Vertretern aus vielen Parteien und eine Verwaltung, die den Rat bei seinen Entscheidungen fachlich unterstützt. Fatalerweise wird dort in weiten Teilen statt um gute Lösungen in der Sache zu ringen eher gegeneinander gearbeitet, was zwangsläufig dazu führt, dass keine klaren und vielleicht sogar mal mutigen Entscheidungen getroffen werden. Auch hier muss das Gemeinwohl leider immer wieder hinter Ideologien und Dauerwahlkampf zurückstehen, was den Stimmungsmachern den Weg nur leichter macht. Schade eigentlich……
Bad Godesberg soll nun nach einem Bürgerentscheid gegen den Erhalt des Kurfürstenbades, einem Bürgerentscheid gegen das geplante Zentralbad in Dottendorf und einem Bürgergutachten zur Neuordnung der Bonner Bäderlandschaft ein eigenes Stadtteilbad erhalten. Auch wenn die Entwicklung zu dieser neuen Ausgangslage die o.g. Verhältnisse wiederspiegelt, ist es spätestens jetzt an der Zeit positiv an das neue Projekt heranzugehen und in einer fokussierten und sachlichen Diskussion den besten Standort sowie eine optimale und gleichzeitig finanzierbare Ausstattung dieses Bades zu definieren. Es wäre unverantwortlich noch weitere Dekaden bis zur Realisierung ins Land gehen zu lassen, während eine ganze Generation von Kindern und Schwimmern in Bad Godesberg kein Hallenschwimmbad findet.
Aber….was soll jetzt, nachdem die gesetzlich vorgeschriebene Zweijahresfrist abgelaufen ist, eine erneute Initiative der immer gleichen Protagonisten, die wieder den Erhalt des maroden und veralteten Kurfürstenbades als Bürgerbad fordert? Sieht so die angemessene Nutzung einer Chance auf ein doch noch gutes Ende nach einem jahrelangen und quälenden Stillstand aus? Ich hoffe nicht!
Nikolaus Decker, Vorsitzender von H&G Bad Godesberg