Die Corona-Epidemie hat auch auf dem Wohnungsmarkt massive Auswirkungen. Mieterinnen und Mieter können z.T. ihre Mieten, Vermieter ihre Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlen – je nach konkreter Lebenssituation. Gründe: Einnahmen brechen weg, weil Gesetzgeber, Regierungen oder Ordnungsbehörden hoheitlich in die Freiheitsrechte der Menschen eingreifen, um Leib und Leben zu schützen.
Wir sprachen darüber mit Rechtsanwalt Michael Kayser, Vorstandsmitglied von Haus & Grund Bad Godesberg und einer der Rechtsberater der Eigentümergemeinschaft. Die Fragen stellte Friedel Frechen.
H&G Bad Godesberg: Das Gesetzgebungspaket gegen die wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus greift auch in die Vertragsfreiheit der Vermieter und Mieter ein. Was wurde beschlossen.
Michael Kayser: Das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen ist nunmehr durch den Gesetzgeber zeitlich begrenzt eingeschränkt worden. Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum zwischen dem 01. April 2020 und dem 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Es lohnt sich, einen Blick auf die Details dieser Neuregelung zu werfen.
H&G: Was bedeutet das konkret für die Vertragsparteien?
Michael Kayser: Zunächst ist festzuhalten, dass diese zeitlich begrenzte Einschränkung einer von vielen Kündigungsmöglichkeiten nicht nur für Mietverhältnisse über Wohnungen, sondern auch für Mietverhältnisse über Gewerberäume (Ladenlokale, Büros etc.) und auch für Pachtverhältnisse ist. Konkret: Die Regelung besagt, dass ein Vermieter das Mietverhältnis nicht allein deswegen kündigen kann, weil in der Zeit vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 Mietrückstände aufgelaufen sind, die auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen.
H&G: Muss der Vermieter jetzt recherchieren, welche konkreten Gründe zur Zahlungsunfähigkeit des Mieters geführt haben?
Michael Kayser: Die Frage ist berechtigt, führt aber zunächst nicht weiter. Als Vermieter kann man natürlich nicht wissen, ob die Mietrückstände aus dieser Zeit auf den Auswirkungen der Pandemie beruhen oder nicht. Als Vermieter muss man dies jedoch auch nicht beweisen. Vielmehr muss der Mieter glaubhaft machen, dass er die Miete in den genannten Monaten wegen der Corona-Epidemie nicht oder nicht vollständig zahlen konnte.
H&G: Ein Beispiel?
Michael Kayser: Wichtig ist der Zeitraum. Beruhen die Zahlungsrückstände des Mieters aus der Zeit bis 31.03.2020, kann das Mietverhältnis selbstverständlich wegen dieses Zahlungsverzuges gekündigt werden. Auch alle anderen Kündigungsmöglichkeiten bleiben bestehen. Es ist also weiterhin möglich, ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, Vermüllung der Wohnung, ständiger unpünktlicher Mietzahlungen (in der Zeit bis 31.03.2020) etc. zu kündigen. Nur wegen Mietrückständen aus der Zeit vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 kann man zunächst nicht kündigen.
H&G: Corona hin, COVID-19 her: Was ist, wenn der Mieter nicht zahlen kann, weil ihm z.B. durch die Eingriffe des Staates oder der Kommune Einnahmen fehlen?
Michael Kayser: Grundsätzlich gilt: Der Mieter muss die Miete weiter zahlen. Treten Mietrückstände für die Zeit vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 auf, hat der Mieter bis zum 30.06.2022, also zwei Jahre lang Zeit, diese nachzuzahlen. Tut er dies nicht, kann auch wegen der Mietrückstände aus der Zeit vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 gekündigt werden.
H&G: Wie stabil sind diese neuen Regeln?
Michael Kayser: So stabil wie alle Gesetze. Sie können mit parlamentarischer Mehrheit geändert werden. Mein Eindruck ist, wir können uns jetzt zunächst auf die neue Rechtsgrundlage verlassen. Der Gesetzgeber hat sich vorbehalten, diese Regelung verlängern zu können. Ob dies erfolgt, müssen wir abwarten. Das hängt mit der weiteren Entwicklung der Pandemie und ihren Folgen zusammen.